ÜBER MEINE ARBEIT
Portraitfotografie: © Sven German
Zum Scherenschnitt gehören im Allgemeinen Vorstellungen von Alpaufzug, Volkskunst, heiler Welt, schwarzen Silhouetten und Bastelarbeit. Beim Öffnen der vertikalen Papierfaltung entsteht ein symmetrisches Bild. Die traditionelle Form des Scherenschnittes war auch meine Ausgangslage, als ich vor über vierzig Jahren zu arbeiten begann. Die Formen der Volkskunst erlaubten mir meine Leidenschaft des Tierezeichnens, die ich bereits als Kind hatte, umzusetzen.
Später begann ich mit Strukturen zu arbeiten und konnte mich so aus den stilistischen Grenzen der Silhouette lösen. Im Scherenschnitt kannte ich keine Vorbilder dafür, Impulse kamen eher von ornamentalen Bildern der naiven Malerei, Holzschnitten von Emil Zbinden und Heinz Keller oder Zeichnungen von Georg Rauch. So hatten zum Beispiel meine Bilder zeitweise einen Holzschnittcharakter.
Auf der Basis des Traditionellen entdeckte ich immer mehr Möglichkeiten und es entstand eine Ahnung, in wie viele Richtungen sich diese Technik noch weiterentwickeln könnte. Mit meiner Arbeit möchte ich die Vorstellungen von Papierschnitt um einige der unzähligen Möglichkeiten erweitern.
Mit der Entwicklung hin zu hintergrundlosen Schnitten zwischen Glas enstehen skulpturhafte Bilder, die so nur als Scherenschnitt möglich sind. Das Papier als Bild, Durchblicke freilassend und sich mit dem Schattenwurf selber verdoppelnd.
Ein neues und zugleich sehr altes papierschnitttypisches Element ist die Mehrfachfaltung: ich kopiere Fotos auf das meist 4fach gefaltete Seidenpapier und schneide danach. Mich fasziniert die Gleichzeitigkeit von Fotorealität, Ornament und Abstraktion.
Um Bilder nach meinen Vorstellungen zu realisieren, entwickelte ich auch Werkzeug und Material. Da im Handel für meine meistens schwarzen Schnitte kein geeignetes schwarzes Papier angeboten wird, suchte ich die geeignete Qualität – das heisst, fest geleimt für einen sauberen Schnitt und möglichst dünn für die Feinheit – und liess dieses schwarz bedrucken. Es ist 40 & 50 g/m²-Papier und wird normalerweise für medizinische Beipackzettel verwendet. Als Werkzeug verwendete ich Augenchirurgenscheren, deren Schneiden ich um die Hälfte kürzte und beide Schneiden sehr spitz und genau identisch schleifte. Von beiden Materialien lasse ich auch meine Kollegen und Kolleginnen profitieren. Um 2009 bin ich nach fast „lebenslanger“ Verweigerung doch noch auf den Cutter gekommen.
Das Publikum ist vielleicht des Themas „Umweltschutz“ überdrüssig, mich beschäftigt es aber dermassen, dass ich es trotzdem nicht lassen kann. Papierschnitte entstehen langsam. Da ich schon seit meiner Jugend gut lange an etwas sitzen bleiben konnte, hat dies für mich etwas Selbstverständliches. Dass Betrachter und Käufer meiner Bilder von dieser Langsamkeit oft beeindruckt sind, schätze ich umso mehr, da die Entschleunigung zum Schutz der Umwelt ein guter Ansatz wäre.
Zeitgenössische Künstler, die Papier schneiden, nennen ihre Arbeiten „Papierschnitte“. Da ich mich, bescheiden oder nicht, dazuzähle, und meine Arbeiten mit dem Messer schneide, spreche auch ich vom Papierschnitt.